Sicherer Arbeitsbereich (SOA) - Details
Wir betrachten hier den sicheren Arbeitsbereich (SOA) von Transistoren und MOSFETs im Detail. Diese Betrachtung ergänzt die Beschreibung Sicherer Arbeitsbereich (SOA).
SOA
Die Spezifikation des SOAs geht im Allgemeinem davon aus, dass
- das Gehäuse des Transistors/MOSFETs perfekt auf 25°C gekühlt ist,
- er nur mit einem einzigen Impuls belastet wird und
- er bis zu seiner maximalen Sperrschichttemperatur (150°C bis 175°C)
belastet wird.
Betrachten wir zunächst den SOA eines Transistors näher.
Zunächst ist für jeden Transistor ein maximaler Strom für den Gleichstrombetrieb angegeben, die breite violette Linie. Ab einer bestimmten Spannung muss der Strom reduziert werden, damit die maximal zulässige Leistung für den Gleichstrombetrieb, die breite grüne Linie, nicht überschritten wird. Bei höheren Spannungen kann es zu thermischen Instabilitäten kommen, sodass der Strom weiter reduziert werden muss, die breite blaue Linie. Schließlich darf der Transistor nur bis zu einer maximalen Kollektorspannung betrieben werden, der breiten roten Linie.
Um den Transistor nicht zu beschädigen, muss er unterhalb dieser DC-Kennlinien betrieben werden.
Betrachten wir nun den Fall, dass der Transistor als Schalter betrieben wird. Dann wird er nur kurzzeitig mit hoher Last betrieben.
Zunächst darf er kurzzeitig mit einem höheren Strom betrieben werden, die breite schwarze Linie. Wenn die hohe Last unter 5ms anliegt, kann der Transistor im Bereich unterhalb der orangen Linie betrieben werden. Die gelbe Linie gilt für 1ms und die dünne blaue Linie für 0,1ms, 100µs.
MOSFETs
Der sichere Arbeitsbereich eines MOSFETs ist ähnlich dem eines Bipolartransistors. Neu ist die breite orange Linie. Oberhalb dieser Linie kann der MOSFET nicht betrieben werden, da dies aufgrund des Einschaltwiderstands, ON-Widerstands, des MOSFETs nicht möglich ist.
Bei MOSFETs wird in der Regel keine Begrenzung durch die maximale Leistung angegeben, da die thermische Instabilität schon früher auftritt.
Daten des IRFB3006PBF:
Gehäuse | TO220AB |
Uds | 60V |
Id | 195A |
Idm | 1080A |
Rds | 21mΩ |
Ptot | 375W |
Ugsth | 2,0V - 4,0V |
TJmax | 175°C |
Rjc | 0,4°C/W |
NDP6060L
Der N-MOSFET NDP6060L ist einer der wenigen MOSFETs mit einem Bereich für DC-Betrieb.
Die Kennlinien der thermischen Instabilität sind beim NDP6060L identisch mit denen der maximalen Leistung.
Moderne MOSFETs sind meistens nur für den Betrieb als Schalter ausgelegt. Sie haben keinen zulässigen SOA-Bereich für Gleichstrom (DC).
- MOSFETs ohne SOA für DC, dürfen nicht analog betrieben werden!
- Moderne MOSFETs sind im Prinzip integrierte Schaltungen mit vielen, tausenden, parallel geschalteten winzigen MOSFETs.
- Unter DC-Belastung kann einer dieser winzigen MOSFETs zerstört werden, sodass mit der Zeit der MOSFET selbst zerstört wird.
- Für analoge Schaltungen MOSFETs mit einem DC-SOA verwenden.
- Oder hoffen, dass alles gut geht, weil der MOSFET nur mit geringer Last betrieben wird.
Einschränkungen des sicheren Arbeitsbereichs
Die Daten für den sicheren Arbeitsbereich (SOA) werden immer für bestimmte Bedingungen angegeben:
- Die Temperatur des Transistors / MOSFETs beträgt 25°C
- Der Transistor / MOSFET wird nur einmal mit dem Wert betrieben. Dieses gilt insbesondere für die Impulsbelastungen.
- Er wird bis zu seiner maximalen Sperrschichttemperatur (150°C bis 175°C) belastet.
Diese Bedingungen sind für den Normalbetrieb natürlich unrealistisch.
- Es ist jedoch möglich zu bestimmen, welche Belastungen im realen Betrieb zulässig sind.
- Der zulässige Strom muss reduziert werden, wenn die Temperatur des Transistors / MOSFETS über 25°C liegt.
- Der zulässige Strom muss reduziert werden, wenn die Temperatur des Transistors / MOSFETS während eines Impulses weiter ansteigt.
- Eine von den Herstellern empfohlene Methode ist, den zulässigen Strom linear mit der Temperatur zu reduzieren.
- Das klingt kompliziert, kann aber letztlich einfach durch eine Verschiebung der SOA-Kennlinien nach unten dargestellt werden.
Lineares Modell der Leistungsreduzierung
Das lineare Modell geht davon aus, dass bei Tjmax - 25°C die maximale Leistung Pmax zur Verfügung steht.
Ist die Temperaturdifferenz Tjmax - TC kleiner, wird die Leistung entsprechend reduziert:
Pr = Pmax * ( Tjmax - TC ) / ( Tjmax - 25°C ) Pr / Pmax = ( Tjmax - TC ) / ( Tjmax - 25°C ) Fr = 100% * ( Tjmax - TC ) / ( Tjmax - 25°C )
Fr ist der Reduktionsfaktor in %.
In Bild 3 sind die Verlustleistungsmultiplikatoren FR für höhere Gehäusetemperaturen graphisch dargestellt. Die Multiplikatoren sind links in % und rechts als Faktor angegeben. Die Kennlinie für die maximale Sperrschichttemperatur 150°C ist violett dargestellt, die für 150°C grün dargestellt.
Für die 175°C Kennlinie ergibt sich für eine Gehäusetemperatur von 130°C ein Multiplikator FR=30%=0,3.
Das lineare Modell besagt nun, dass für jeden Punkt der SOA-Kennlinien die Leistung auf Fr reduziert werden muss.
Im SOA bedeutet dieses, dass in den Kennlinien für jede Spannung der Strom auf Fr reduziert werden muss.
Viel Rechenarbeit.
Aber durch die logarithmische Darstellung der Ströme ist das recht einfach:
SOA reduzieren
- Wir berechnen den Verlustleistungsmultiplikator Fr
Fr = 100% * ( Tjmax - TC ) / ( Tjmax - 25°C )
oder bestimmen Fr aus dem Diagramm in Bild 3.
- Wir wählen den Punkt (Ux,Ix) auf einer Kennlinie im originalen SOA-Diagramm.
- Wir berechnen den reduzierten Strom Ir=Fr*Ix
- Wir verschieben alle Kennlinien des SOA so weit nach unten, dass (Ux,Ix) zu (Ux,Ir) verschoben wird.
Anmerkung:
Bei der Berechnung eines Kühlkörpers wird die maximale Gehäusetemperatur ermittelt.
Bei Impulsbelastung ist natürlich
- die Impulsdauer
- und das Tastverhältnis der Impulse zu berücksichtigen.
- Hierfür gibt es spezielle Diagramme in den Datenblättern.
Lineares Modell
Bei Gleichstrombetrieb nimmt die zulässige Belastung linear mit der Temperaturdifferenz zwischen Gehäuse und Sperrschicht linear ab. Dieses Modell wird für die Berechnung von Kühlkörpern verwendet.
Gilt es auch
- für thermisch instabile Bereiche
- und für Impulsbelastung?
Dieses wird im linearen Modell angenommen.
- Zur Sicherheit sollten diese Bereiche weiter reduziert werden.
Beispiel für NDP6020P
Der NDP6020P kann mit maximal 60W belastet werden, und hat eine maximale Sperrschichttemperatur von Tj=175°C.
Wenn das Gehäuse des NDP6020P durch eine höhere Umgebungstemperatur und einen Kühlkörper auf 130°C erwärmt wird, gilt
Fr = 100% * ( Tjmax - TC ) / ( Tjmax - 25°C ) Fr = 100% * ( 175°C - 130°C ) / ( 175°C - 25°C ) = 30% P130 = P175 * Fr / 100
P175 ist die maximal zulässige Leistung von 60W, wenn das Gehäuse auf 25°C gekühlt wird.
P130 ist die Leistung, wenn das Gehäuse auf 130°C erhitzt wird.
Wir wählen einen Punkt im SOA des NDP6020P: (6V, 10A). Der Strom muss auf 0,3*10A=3A verschoben werden.
Wir verschieben das gesamte SOA-Diagramm so weit nach unten, dass der ursprüngliche Punkt (6V, 10A) auf (6V, 3A) fällt.
In Bild 4 ist der ursprüngliche SOA mit dünnen Linien für eine Gehäusetemperatur von 25°C und der verschobene SOA mit fetten Linien Linien für eine Gehäusetemperatur von 130°C dargestellt.
Korrekturen
Die Verschiebung der SOA-Kurven von 25°C zu geringeren Leistungen bei höheren Temperaturen verschiebt auch die Begrenzung durch den Einschaltwiderstand nach unten.
Dieser Teil der Kurve ist jedoch leistungsunabhängig und muss nicht verschoben werden.
- Wir verlängern einfach die horizontalen Linien des verschobenen SOAs nach links bis zur Linie des Einschaltwiderstands im originalen SOA.
Anmerkungen
In den Application Notes der Hersteller wird nur auf die lineare Reduzierung der Ströme für die Maximalleistung und die thermische Instabilität eingegangen. Die Maximalströme sind nicht berücksichtigt.
Die Maximalströme resultieren aus dem Durchbrennen der Bonddrähte. Natürlich müssen auch diese Ströme reduziert werden.
Den gesamten SOA-Bereich nach unten zu verschieben, bedeutet, auf Nummer sicher zu gehen und dieses zu berücksichtigen.
Die Daten des BUZ11 belegen dieses.
Daten des BUZ11
Gehäuse | TO220AB |
Uds | 50V |
Id | 30A |
Idm | 120A |
Rds | 40mΩ |
Ptot | 75W |
Ugsth | 2,1V - 4,0V |
TJmax | 150°C |
Rjc | 0,6°C/W |
Der Skalierungsfaktor für den maximalem Drainstrom liegt immer oberhalb des Skalierungsfaktors für die Leistung.
Bei 112.5°C muss der SOA des BUZ 11 mit 0,3 skaliert werden.
Interessant ist der Verlauf der Skalierungsfaktoren für den maximalen Drainstrom und die maximale Leistung in Abhängigkeit von der Gehäusetemperatur. Der Skalierungsfaktor für den maximalen Drainstrom liegt immer oberhalb des linearen Skalierungsfaktors für die Leistung.
Ähnliche Daten liegen für andere MOSFETs vor:
MOSFET | Reduzierung ab | bis |
BUZ11 | 30°C | 150°C |
IRFB3006PbF | 100°C | 175°C |
CSD19536KTT | 95°C | 175°C |
FQP30N06 | 25°C | 175°C |
PSMN1R5-30BLE | 25°C | 175°C |
- Das lineare Modell der Leistungsreduzierung im SOA kann daher sicher angewendet werden.